Ohne Güterverkehr auf der Schiene gibt es keine Häfen und Häfen keine Güterbahn; dies waren die apodiktischen Worte von Peter Füglistaler, dem scheidenden Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV) an der Veranstaltung der Parlamentarischen Gruppe Schifffahrt im Juni 2024. Für das Schicksal der Güterbahn ohne Revision des Güterverkehrsgesetzes (GüTG) sieht er schwarz: «Es ist eine Frage von Leben und Tod». Nachfolgend einige Ausschnitte aus seinem Referat, gehalten an der Juni-Veranstaltung der Parlamentarischen Gruppe Schifffahrt in Bern.
Wir haben zur Zeit drei zentrale Pfeiler beim Gütertransport: Das GüTG wird aktuell von den Kommissionen der Räten beraten, das Schwerverkehrsabgabegesetz (SVAG) ist in Vernehmlassung und das Güterverlagerungsgesetz (GVVG) in Evaluation mit Verlagerungsberichten. «Wo bleibt das Gesamtkonzept?» werden Sie fragen. Ich versichere Ihnen, wir haben es im Kopf.
Das GüTG von 2016 hatte seinen Fokus auf der Eigenwirtschaftlichkeit der Angebote und beschränkte die Fördertatbestände. Es diente der Sicherung von Trassenkapazitäten und Anlagen für den Güterverkehr. Dazu wurde die Anlagen-Landschaft in Abstimmung mit Ausbauschritten entwickelt. Wir hatten damals das Gefühl, dass es gut kommt, wenn der Staat die Voraussetzungen schafft – das Gefühl trog. Im Laufe der Jahre ergaben sich neue Herausforderungen und Handlungsbedarf. So sinkt der Marktanteil der Schiene aufgrund der Wettbewerbssituation zur Strasse, was zu einem schrittweisen Rückzug der Bahn aus der Fläche führte und die Gefahr einer Einstellung des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) mit sich brachte. Dazu kamen wachsende energie- und umweltpolitische Anforderungen.
Der Handlungsbedarf wurde auch im nationalen Parlament erkannt und es wurden verschiedene Vorstösse eingereicht und auch überwiesen:
- Motion Dittli «Durch Automation Güter auf der Schiene effizienter transportieren»
- Motion Dittli «Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses»
- Motion Herzog «Förderung des Gütertransports auf dem Rhein»
- Postulat Julliard «Gütertransport: Warum nicht die bestehenden Eisenbahnanlagen besser nutzen?»
Der Bundesrat nahm diese Vorstösse zum Anlass, eine Gesamtvorlage zu erstellen. Die Ziele bestehen darin, den Schienengüterverkehr in der Fläche und die Güterschifffahrt durch gezielte Massnahmen zu stärken und den Schienengüterverkehr soll durch die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) technisch zu modernisieren. Während einer Übergangszeit soll der Einzelwagenladungsverkehr finanziell unterstützt werden. Damit sollen das gesamte Güterverkehrssystem leistungsfähiger und die Versorgungssicherheit in allen Regionen gewährleistet werden. Um es an dieser Stelle zu betonen: Das vorgeschlagene GüTG 2024 ist das erste mit Einbezug der Güterschifffahrt.
In der Revisionsvorlage wird ein ganzes Massnahmenpaket vorgeschlagen. Die Weiterentwicklung und finanzielle Förderung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr soll mittels Leistungsvereinbarung mit der Netzwerkanbieterin die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Angebots zu einem offenen, flexiblen und multimodalen Netzwerk ermöglichen. Die Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr geschieht durch Entwicklung und Finanzierung multimodaler Umschlagsplattformen sowie Anreize für Nutzung der Schiene durch Umschlags-/Verladebeiträge. Die Raumplanung der Kantone und des Bundes sollen den Gütertransport stärker berücksichtigen. Ziel ist ein multimodales Güterverkehrskonzept des Bundes mit verpflichtender Umsetzung durch die Kantone, welche die Standorte für Anlagen in der Richtplanung ausweisen müssen. Und dann eben die Einführung und Mitfinanzierung der DAK, denn die Automatisierung ermöglicht produktivere Abläufe und schnellere Produktionsabläufe.
Was hier natürlich besonders interessiert, sind die Massnahmen bezüglich der Rheinschifffahrt und der Häfen. Die Rheinschifffahrt soll im Rahmen multimodaler Transportketten gestärkt werden. Bund, Standortkantone und Betreiberin der Hafeninfrastruktur legen Flächen und Anlagen der Hafeninfrastruktur fest. Dazu
ist ein Vertrag Bund - Standortkantone - Betreiberin zu erarbeiten. Anschliessend werden Leistungsvereinbarungen über vier Jahre mit Festlegung der Leistungen, Möglichkeit von Abgeltungen und Investitionsbeiträgen mit der Betreiberin der Rheinhafeninfrastruktur geschlossen. Erstmals vorgesehen ist dies für die Periode 2029 - 2032
Wie im Schienengüterverkehr soll es Anreize für den Einsatz klimaneutraler Antriebe in der Güterschifffahrt geben. Dies umfasst die Möglichkeit finanzieller Beiträge an Bau von Schiffen, die arm an Treibhausgasemissionen oder für Niedrigwasser geeignet sind, und an Umrüstung und Erneuerung von Schiffen auf dekarbonisierte Antriebe. Aufgrund Unsicherheiten hinsichtlich Entwicklung und Standardisierung zukünftiger dekarbonisierter Antriebstechnologien werden aktuell nur die Rechtsgrundlagen geschaffen. Sobald entsprechende Technologien marktreif sind, kann ein Verpflichtungskredit beantragt werden. Das revidierte Gesetz wird damit zur Rechtsgrundlage für die Mitfinanzierung solcher Antriebe durch den Bund.
«Pflästerli» nützt einer Leiche nichts
In der anschliessenden Fragerunde sprach Peter Füglistaler klare Worte. Nichtstun sei keine Option, da dann das Sterben des Wagenladungsverkehrs in Kauf genommen werde. Auch eine «Pflästerlipolitik» mit ein paar unkoordinierten Massnahmen verspreche keinen Erfolg: «Einer Leiche nützen Pflaster nichts!» Die Branche rief der Referent zum Zusammenstehen auf: «Wenn der Schienenpersonenverkehr etwas will, so agieren alle Player gemeinsam und stellen zusammen ihre Forderungen. Wenn es um den Schienengüterverkehr geht, hat jeder Akteur noch einen Sonderwunsch anzubringen. Das schadet dem gemeinsamen Ziel» Es sei klar, dass die geplanten Massnahmen Geld kosteten, aber dies sei nötig und auch zu verantworten, denn – so die Schlussworte des Referenten: «Es gibt auch noch andere Ziele als eine schuldenfreie Schweiz.»
Kasten
Nationale Güterschifffahrt berücksichtigen
Einen neuen Aspekt brachte Ueli Jud vom Verband der Schweizer Bagger- und Lastschiffbesitzer (VBL) ein: Die Güterschifffahrt auf den Schweizer Binnengewässern finde in der Revisionsvorlage gar nicht statt. Dabei würden die VBL-Mitglieder eine Menge an Trockengütern transportieren, die immerhin etwa 10% des Aufkommens in dieser Sparte in den Schweizerischen Rheinhäfen entspreche. Eine Erwähnung im Art 32 des geplanten Gesetzes würde den Bund nichts kosten, aber die Position des Gewerbes gegenüber den Kantonen und Gemeinden stärken, da diese Ablade- und Anlegestellen in der Raumplanung berücksichtigen müssten. BAV-Direktor Füglistaler und Nationalrat Jon Pult als Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe versicherten, dass dieser Punkt nun gehört worden sei.